Johanna Rothmann und Philipp Böhnlein: Transferumfrage an der TUK / Foto: Yukio Tee

Die Third Mission erfassen, verbessern und stärken

Bewertung aktueller Transferprozesse mit Hinblick auf zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten: Ein Interview mit Johanna Rothmann und Philipp Böhnlein

Johanna Rothmann, Doktorandin am Lehrstuhl für Strategie, Innovation und Kooperation, und Philipp Böhnlein, Doktorand am Lehrstuhl für Entrepreneurship der Technischen Universität Kaiserslautern (TUK), sind im Rahmen des Verbundprojekts „Offene Digitalisierungsallianz Pfalz“ im Innovationsbereich „Kreativität und Kooperation“ tätig. Ihre Aufgabe ist es, eine Transfergovernance zu entwickeln, anhand derer die Transferprozesse an der TUK erfasst, verbessert und gestärkt werden können.

Frau Rothmann und Herr Böhnlein, Sie haben vor einiger Zeit an der TUK eine Umfrage zum Transfer durchgeführt. Was hat sie dabei interessiert?
Transfer ist neben Lehre und Forschung die Dritte Mission einer Hochschule und demnach substanziell in den Aufgaben deutscher Hochschulen verankert. Zudem gewinnt der Transfer von Ideen, Wissen und Technologien, also der Austausch von Wissenschaft mit Wirtschaft, Gesellschaft und Politik verstärkt an Bedeutung.

Als Mitarbeitende der Transfergovernance ist es unsere Aufgabe, den Transfer wissenschaftlich zu begleiten, zu bewerten und basierend auf den vorliegenden Evidenzen Verbesserungsvorschläge zu entwickeln. Ein Schritt auf diesem Weg ist es, zu verstehen wie Transfer an der TUK funktioniert. Das bedeutet, generell hat uns bei unserer Umfrage interessiert, wie der Transfer funktioniert und was genau die Treiber von Transfer sind. Geleitet von Erkenntnissen aus der Motivations- und Verhaltensforschung gehen wir davon aus, dass der Transfer bilateral über Personen stattfindet. Prämisse ist somit, das einzelne Verantwortungsträger, deren Dispositionen, Anreize und Verhalten den Transfer begünstigen oder eventuell sogar behindern. Demzufolge hat uns im Speziellen interessiert, wie diese Verantwortungsträger zu Transfer stehen und sich in Transferaktivitäten engagieren.

Wie haben Sie die Umfrage durchgeführt und wer war Ihre Zielgruppe?
Unsere Zielgruppe waren Professoren*innen, Juniorprofessoren*innen, Post-Docs, Arbeitsgruppenleiter *innen sowie Nachwuchsarbeitsgruppenleiter*innen, da diese in Steuerungs- und Lenkungspositionen sind und unmittelbar auf die Transfermaßnahmen Einfluss nehmen können. Wir haben über die Universitätsserver eine anonymisierte und freiwillige Onlineumfrage geschaltet und den Link über die Dekanate verteilen lassen. Danke an der Stelle an alle Dekanate und Geschäftsführer, die den Umfragelink für uns in ihren jeweiligen Fachbereichen versendet haben!

Nicht nur für die Wissenschaftler unter uns: Was ist Ihre theoretische Grundlage?
Zur theoretischen Fundierung haben wir die Theorie des geplanten Verhaltens von Fishbein & Ajzen 1980 herangezogen. Demzufolge wird intentionales Verhalten (im Gegensatz zum Affekt) durch drei essentielle Faktoren vorhergesagt: erstens der individuellen Haltung „Wie stehe ich zum Transfer?“, zweitens der subjektiven Norm „Wie bewertet mein relevantes Umfeld Transfer? Ist Transfer erwünscht?“ und drittens die empfundene verhaltensmäßige Kontrolle „Kann ich überhaupt Transfer machen?“. Wir nehmen an, dass diese drei Aspekte bei der untersuchten Zielgruppe darüber Aufschluss geben können, wieso sich Mitarbeitende in Transferaktivitäten einbringen, auch wenn sie dafür keine direkte finanzielle Kompensation erhalten.

Was zeigen die Ergebnisse der Umfrage?
Wir konnten sehen, dass bei den Personen, die bereit waren bei der Umfrage teilzunehmen, eine positive Grundeinstellung gegenüber Transfer vorliegt und sie sich generell an Aktivitäten rund um den Transfer beteiligen. Ausgeprägte Motive sind zum Beispiel ihre eigene Organisationseinheit voranzubringen und ihre Forschungsleistungen in der Praxis zu erproben und weiterzuentwickeln.

Dennoch liegt wahrscheinlich eine relativ starke Selbstselektion vor, was bedeutet, dass Personen die eher Transfer betreiben und dem gegenüber positiv eingestellt sind, auch eher an einer Umfrage zum Transfer teilnehmen. Dieser Verzerrung sollte man sich bei freiwilligen Umfragen bewusst sein. Da Transfer aber auch weiterhin vorrangig über Köpfe funktioniert und wir die Transferaktivitäten an der TUK weiter ausbauen wollen, müssen wir zum einen nochmal genauer erfassen, wie hier die Netzwerkstrukturen verlaufen und wie man zum anderen diese Netzwerke auch für andere Interne und Externe besser zugänglich machen kann. Zu diesem Zweck haben wir eine qualitative Umfrage unter den verschiedenen Leiterinnen und Leitern zentraler Einrichtungen und Referate der TUK durchgeführt. Wir gehen davon aus, dass mit einer genaueren Netzwerkabbildung und der Schaffung eines besseren Zugangs zu diesen Netzwerkaktivitäten bestehende Barriere beseitigt und Transferaktivitäten erhöht werden können.

Wie geht es weiter?
Nach einer Überarbeitung werden wir die quantitative Umfrage in Kürze noch einmal durchführen, um zu sehen, ob sich bereits eine Veränderung zeigt. Dabei sind wir wieder auf viele Umfrageteilnehmer angewiesen, um eine Repräsentativität herzustellen! Um den Austausch zwischen internen und externen Akteuren besser abbilden zu können, arbeiten wir derzeit auch an einer Umfrage, die unter den universitätsnahen Stakeholdern wie Kammern, Verbänden, KMU, Start-Ups etc. durchgeführt werden soll.

Danke für das Gespräch!

Ansprechpartnerin:
Johanna Rothmann
Offene Digitalisierungsallianz Pfalz
E-Mail: johanna.rothmann@wiwi.uni-kl.de